Sehnensprechstunde

Warum ein Sehnensprechstunde?
Sehnenbeschwerden (Tendinopathien) stellen die häufigste Schmerzursache des Bewegungsapparates bei körperlich aktiven Menschen dar. Diese Beschwerden sind häufig ein Alarmsignal der Sehne und verlangen ernst genommen zu werden, denn unbehandelt führen sie nicht selten sie zum Riss der betroffenen Sehne und damit zu irreparablen Schäden mit dauerhafter Bewegungseinschränkung des betroffenen Gelenkes.
Welche Beschwerden werden behandelt?

Die häufigsten Sehnenbeschwerden (Tendinopathien) sind:

  • Schulterschmerz (Kalkschulter, Tendinosis calcarea)
  • Fersenschmerz (Fersensporn, Plantarfasziitis)
  • Achillessehnenschmerz (Achillodynie)
  • Äußerer Ellenbogenschmerz (Tennisellenbogen)
  • Innerer Ellenbogenschmerz (Golferellenbogen)
  • Schienbeinkantenschmerz (Tibiakantensyndrom, „shin splint“)
  • Kniescheibenschmerz („Jumpers Knee“, Patellaspitzensyndrom)
  • Äußerer Hüftschmerz (Tendinopathie Trochanterregion)
Wie erkennt man eine Tendinopathie (Sehnenbeschwerde)?
Eine Tendinopathie zeichnet sich durch eine allmählich oder auch plötzlich einsetzende Morgensteifigkeit und Belastungsschmerzhaftigkeit der betroffenen Sehne (Beispiel: morgendlicher Anlaufschmerz unter der Fußsohle oder über der Achillessehne). Neben dem Bewegungsschmerz werden eine Druckschmerzhaftigkeit und Anschwellung des betroffenen Sehnenabschnittes beobachtet (Beispiel: spindelförmige Anschwellung der Achillessehne). In frühen Erkrankungsstadien verlieren sich die beschwerden oft im Tagesverlauf oder unter Trainingsbelastung um dann am nächsten Morgen wieder aufzutreten. Im weiteren Verlauf ist die Funktion der Sehne auch bei Alltagaktivitäten zunehmend eingeschränkt (Beispiel: Schulterschmerz beim Anziehen des Mantels oder beim Führen der Hand hinter den Kopf; Ellenbogenschmerz bei Händedruck oder beim Halten der Kaffeetasse); bei chronischem Verlauf geben die Patienten vielfach nächtlich lagerungsabhängige Ruheschmerzen an (Beispiel: Schulterschmerz beim Schlafen auf der betroffenen Schulter).
Was verursacht eine Tendinopathie?
Bis vor wenigen Jahren vermutete man eine „Entzündung“ der betroffenen Sehne als Ursache dieser Beschwerden. Die Behandlung bestand vielfach in Ruhigstellung/Trainingspause und der Verabreichung von entzündungshemmenden Medikamenten (Voltaren, Ibuprofen, etc.) sowie lokalen Cortisoninjektionen. Während insbesondere die

letztgenannte Behandlung oft zu einer erhöhten Rate von Sehnenrissen beitrug, stellte sich vielfach unter den aufgeführten Massnahmen nur eine 4-6 wöchige Beschwerdelinderung ein.

Mit Beginn des 21. Jahrhunderts hat sich das Verständnis von Sehnenbeschwerden grundlegend gewandelt. 2003 fanden skandinavische Forscher in Biopsien betroffener Achillessehnen keinen Nachweis für eine Entzündung. Anstelle einer „Entzündung” wurden andere Ursachen der schmerzhaften Sehnenverdickungen identifiziert. Im Vordergrund steht eine Veränderung der Kollagenfaserzusammensetzung der Sehne zugunsten wenig rissfester junger Kollagenfasern mit Verlust der für die Rissfestigkeit der Sehne unverzichtbaren reifen „alten” Kollagenfasern. Ausserdem kommt es zu einer Einlagerung von Proteoglykanen mit überproportional vielen hydrophilen Nebengruppen. Dies bedingt nicht nur eine Verdickung der Sehne sondern im weiteren Verlauf eine vermehrte Einsprossung von schmerzleitenden Nervenfasern und Blutgefäßen („Neogefäße”). Mikroskopisch finden sich kleine Teilrisse der betroffenen Sehne mit Reizungen umgebender Hüllgewebe und Schleimbeutel. Unbehandelt können diese Veränderungen zu Kalk- und Fetteinlagerungen in die Sehne führen, die dann im Röntgenbild eindrucksvoll als „Fersensporn” oder „Kalkschulter” als Langzeitfolge einer chronischen Tendinopathie nachweisbar sind.

Ist ein Röntgenbild, eine Ultraschallunterrsuchung oder ein MRT erforderlich?
Zu Beginn der Behandlung sollte das Ausmass der zugrundeliegenden Sehnenveränderungen mittels eines bildgebenden Verfahrens (Ultraschall, ggf. MRT oder Röntgen) festgestellt werden. Dies ist die Grundlage zur Festlegung des Behandlungsverfahrens und der voraussichtlichen Behandlungsdauer. Die Untersuchung erlaubt ferner die Aussage ob eine Trainingspause erforderlich ist oder das Training umgestellt werden muß. In Abhängigkeit von der betroffenen Körperregion ist in der Hand des erfahrenen Untersuchers vielfach eine hochauflösende Ultraschalluntersuchung der Sehne mit dopplersonografischer Darstellung der Neogefäße ausreichend.
Im Bereich der Schulter kann zusätzlich auf ein MRT(Kernspintomografie) zurückgegriffen werden. Zum Nachweis von Kalkeinlagerungen (Fersensporn, Kalkschulter) eignet sich eine Röntgenaufnahme.
Wie sieht eine zeitgerechte moderne Sehnentherapie aus?

Mit Beginn des 21.Jahrhunderts ist die Vorstellung einer zugrundeliegenden „Sehnenentzündung” verlassen worden und Cortisoninjektionen an Sehnen erfolgen nur noch in sehr seltenen Ausnahmefällen.

Auf der Basis neuerer wissenschaftlicher Studien haben andere Verfahren Ihre Wirksamkeit unter Beweis gestellt und werden heute in unterschiedlichen Kombinationen erfolgreich in der Behandlung der beschriebenen Sehnenveränderungen eingesetzt. Die Behandlung von Sehnenbeschwerden ist liegt dabei in den Händen eines in der Sehnentherapie erfahrenen interdisziplinären Teams aus Arzt und Physiotherapeuten.


Fokussierte extrakorporale Stosswellentherapie (ESWT)

Fokussierte Stosswellen sind elektrohydraulisch, elektromagnetisch oder piezoelektrisch erzeugte kurzwellige Druckwellen mit hoher Eindringtiefe in das Gewebe, ähnlich derer wie sie zur Harnleitersteinzertrümmerung genutzt werden. Sie werden seit 1991 bei orthopädischen Krankheitsbildern eingesetzt. Seit 1996 werden fokussierte Stosswellengeräte zur Betreuung der Deutschen Olympiateams zu allen Olympischen Spielen mitgeführt. Diese Stosswellen eignen sich hervoragend zur Behandlung von Fersensporn, Achillodynie, Kalkschulter und allen weiteren Tendinopathien.

In der Regel sind 3-6 ESWT-Stosswellenbehandlungen im Abstand von 7-14 Tagen bis zur anhaltenden Beschwerdefreiheit erforderlich. Stosswellen führen über vielfältige Mechanismen zu einer Abschwellung und Regeneration der Sehne und zur Wiederherstellung der Kollagenfaserhierarchie.

Radiale Druckwellentherapie
Radiale Druckwellen werden durch einen druckluftbetriebenen ballistischen Drucklwellengenerator erzeugt und sind v.a. zur Behandlung hautoberflächennaher Gewebestrukturen geeignet. Sie werden seit Ende der 1990er Jahre v.a. in der Behandlung muskulärer Triggerpunkte und Verspannungen der Muskulatur eingesetzt. Ihre Wert bei Sehnenbeschwerden haben sie in der ergänzenden verspannter Muskulatur.In Studien und in unserem praktischen Alltag zeigt sich, dass bei Tendinopathien die fokussierte Stosswellenbehandlung im Fokus steht und die radiale Druckwellenbehandlung einen eher ergänzenden Stellenwert besitzt.

Exzentrisches physiotherapeutisches Krafttraining
Grundlage jeder Bewegung ist die Kraftübertragung des Muskels mittels einer Sehne auf den Knochen. So liegt es nahe, dass auch über den zugeordneten Muskel Einfluß auf die Heilung der betroffenen Sehne genommen werden kann. Gezielte exzentrische Muskelbelastungen führen über vielfältige Mechanismen (u.a. oszillative Kraftentfaltung) ebenfalls zu einer Abschwellung und Regeneration der Sehne und zur Wiederherstellung der Kollagenfaserhierarchie und stellen eine wirkungsvolle Unterstützung der Stosswellenbehandlung dar.

Ein exzentrisches Training sollte mit einem erfahrenen Physiotherapeuten für die betroffene Muskelsehnengruppe erlernt werden und dann selbstständig fortgeführt werden. Ein Richtwert zur Wiederholungszahl 3 x 15 Wiederholungen morgens und abends mit einer Pause zwischen den Serien von ca. 2 Minuten. Der Einsatz von Zusatzgewichten wird ausdrücklich empfohlen. Der Trainingszeitraum liegt bei 8-12 Wochen

Autologous Conditioned Plasma (ACP)/ Platelet Rich Plasma (PRP)
Die Behandlung mit Autologous Conditioned Plasma (ACP) oder Platelet Rich Plasma (PRP) stellt ein relativ neues Behandlungsverfahren von Sehnenerkrankungen (Tendinopathien) und degenerativen Gelenkerkrankungen (Arthrosen) dar. In aktuellen Veröffentlichungen zu diesem Therapieverfahren wird dabei vermutet, dass im Blut enthaltende Wachstumsfaktoren unterschiedliche Heilungsvorgänge positiv beeinflussen. Erste klinische Studienergebnisse zeigen signifikante Verbesserungen hinsichtlich Schmerzverlauf und Beweglichkeit.

ACP-Behandlung

Selten erforderlich: Verödung der Gefäßneubildungen
(Neogefäße) an der Sehne durch Alkoholinjektionen unter Dopplerultraschallkontrolle. Ist man mit den zuvor genannten Therapien nicht erfolgreich kann der gewünschte Effekt alternativ auch durch eine Verödung (Sklerosierung) der mittels Dopplerultraschall nachgewiesenen Neogefäße mittels Injektion von Polidocanol erreicht werden. Diese Behandlung erfolgt 3 bis 5x im Abstand von 6 Wochen.

Lokale Anwendung von Kälte (Kryotherapie)
Eine Kühlung der betroffenen Sehnen sollte regelmäßig mindestens 3x täglich über mindestens je 10 Minuten erfolgen. Diese ist je nach betroffenem Gelenk oft mit einfachen Hilfsmitteln möglich. An Ferse und Achillessehne hat sich eine mit Wasser gefüllte gefrorene taillierte Getränkeflasche bewährt. Legen Sie zur Vermeidung von Erfrierungen ein Handtuch zwischen Haut und Flasche.

Lokale Anwendung eines Nitratsprays
Einige Autoren empfehlen die örtliche Verabreichung eines Nitratsprays (2 x 2Sprühhübe am Tag) auf die betroffene Sehnenregion über eine Zeitdauer von 6 Monaten.

Unter individueller Berücksichtigung des vorliegenden Befundes, möglicher weiterer Beschwerden und der Konstitution des Patienten können weitere begleitende Verfahren hinzugezogen werden.

Folgende Verfahren werden regelmäßig eingesetzt und haben in der Praxis einen hohen Stellenwert:

  • Kinesiotaping
  • Akupunktur
  • Einlagenversorgung nach Fußdruckanalyse

 

Welche Ursache haben meine Sehnenbeschwerden?

Sehnenbeschwerden sind ein komplexes Krankheitsbild und verlangen ein differenziertes diagnostisches und therapeutisches Vorgehen. Vielfach gibt die Analyse von Bewegungsabläufen (wie z.B. ein Test auf dem Laufband) oder der manualmedizinische Befund Aufschluss über zugrundeliegende Ursachen wie muskuläre Ungleichgewichte oder gelenkbezogene Funktionsstörungen.
Therapiebedürftige Begleitbefunde bei Achillessehnenbeschwerden sind Blockierungen der unteren Lendenwirbelsäule, der Kreuzdarmbeinfugen, des Wadenbeinköpches und des oberen Sprunggelenkes. Bei Beschwerden des Ellenbogengelenkes (Tennis- oder Golferellenbogen) dürfen Blockierungen der unteren Halswirbelsäule, der 1. Rippe, des Speichenköpfchens und des Daumensattelgelenkes nicht übersehen werden.

Wie läuft eine Behandlung im ZFS-Sehnenzentrum konkret ab?

Zu Beginn der Behandlung erfolgt eine ausführliche fachärztliche Untersuchung und diagnostische Schweregradeinteilung Ihrer Sehnenbeschwerden. Auf Grundlage Ihres Befundes und Ihrer Beschwerden wird Ihr Therapieplan erarbeitet, der aus den oben dargestellten Behandlungsformen diejenige Kombination berücksichtigt, die Sie mit dem geringstmöglichen Aufwand am schnellsten zur anhaltenden Beschwerdefreiheit führt.
Der zweite Behandlungstermin erfolgt bei einem in der Sehnentherapie erfahren Physiotherapeuten, der Sie u.a. in die Prinzipien des exzentrischen Trainings einführt bis Sie dies sicher beherrschen und selbstständig durchführen können.
Sehr hilfreich ist der enge Austausch zwischen dem ärztlichen und physiktherapeutischen Behandler um die beide Behandlungssäulen fortlaufend optimal aufeinander abzustimmen.
Sollten Sie bereits über einen Physiotherapeuten Ihres Vertrauens verfügen, erfolgt die Behandlung selbstverständlich unter Einbindung Ihres Physiotherapeuten. An einem fachlichen Austausch sind wir dabei in besonderem Maße interessiert.

Wie lange dauert die Behandlung?

Je nach Vorgeschichte der Beschwerden und Ausprägung des Befundes beträgt die Behandlungsdauer zwischen 3 und 12 Wochen. Über 80% der Patienten sind nach 3 Monaten dauerhaft beschwerdefrei.

Wann kann die Sehne wieder voll beansprucht werden?

Je nach betroffener Sehnenregion, Schweregradeinteilung und Vorgeschichte kann vielfach unter der Behandlung im Sehnenzentrum mit moderater Intensität weiter trainiert werden. Ggf. sollte vorübergehend eine Umstellung der Trainingsgewohnheiten erfolgen.
Eine länger andauernde Sportkarenz/Trainingspause ist in seltenen Fällen sinnvoll, stellt aber eher die Ausnahme dar.
Ein vollumfänglicher Wiedereinstieg in die zuvor ausgeübte Sportart sollte erfolgen, wenn im Alltag eine 2-3wöchige Beschwerdefreiheit gegeben ist.

Ist die Behandlung erstattungsfähig?

Die Abrechung der ärztlichen Behandlung erfolgt auf Grundlage der GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte). Wir halten uns dabei an die dort empfohlenen Sätze, so dass eine Kostenerstattung durch private Krankenkassen und die Beihilfe problemlos erfolgt. Einige Befundkonstellationen (chronischer langer Krankheitsverlauf, ausgeprägte Verdickung/Verkalkung der Sehne, Vorbehandlung mit Kortison-Injektionen) führen bisweilen zu einer Verlängerung der Behandlungsdauer. Vor Behandlungsbeginn wird daher insbesondere in diesen Fällen eine Kostenzusage Ihrer privaten Krankenversicherung/Beihilfestelle eingeholt.  Auf Wunsch stellen wir Ihnen vor Behandlung gerne einen Kostenplan aus.
Die physiotherapeutische Praxis PhysioComplex im ZfS-Zentrum für Sportmedizin verfügt, anders als die Privatpraxis für Orthopädie + Unfallchirurgie, über eine “Kassenzulassung” zur Abrechnung mit allen gesetzlichen (und natürlich privaten) Krankenkassen. Hier kann eine Behandlung daher auf Grundlage eine Krankengymnastikrezeptes auch auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen erfolgen. 

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